Pavlidis
RELEASES
Identitetris (2016)
Ben Pavlidis von den Ohrbooten und Shaban (Produzent der Zähmung der Hydra und Tentakel bei Käptn Peng) lernten sich 2013 auf einer schwitzigen Freestyle-Session auf der Fusion kennen. Aus einem saloppen „Lass‘ mal nen Track zusammen machen!“ entstand tatsächlich und erstaunlich flott der Song „Mutterschiff“. Ben lieferte den Text, Shaban zimmerte die fetten Beats. Und weil das so schnell ging und die Zusammenarbeit gleich wunderbar unkompliziert flutschte, blieben die beiden Berliner einfach am Ball.

Drei Jahre später ist genug Futter für ein ganzes Album zusammen. Es heißt „Identitetris“ und erscheint am 11. November 2016 über das Käptn Peng-Label Kreismusik (Vertrieb Soulfood). 11 Tracks über das fragile Konstrukt der eigenen Identität und dem zugewiesenen Platz in der Gesellschaft. Die daraus entstehende Verwirrung und Krise gleich mitgeliefert, weniger in konkrete Themen, mehr in erschreckend plastische Zustände geschnürt. Texte als emotionaler Raum, in dem mehrere Wahrheiten nebeneinander bestehen können und die vielleicht auch deshalb keinen Platz bei den Ohrbooten gefunden haben. Die Abgründe sind hier unmittelbar spürbar, das Ohrbooten ́sche Augenzwinkern fehlt fast vollständig.

Unter der Oberfläche: Elektronische Beats mit Saiteninstrumenten, denn auch Matze aus dem Ohrboot (mit dem Ben Pavlidis schon seit knapp 20 Jahren zusammen Musik macht) ist mit seiner Cümbüsh (eine Art Banjo aus der Türkei) am Start. Eigentlich solle Matze bei ein bis zwei Tunes für das Album etwas einspielen, am Ende verleiht er der Platte nun auf acht Nummern eine indigoblaue Tiefe und orientalische Atmosphäre. Die typisch organisch-elektronischen Shaban-Beats und Breaks tun ein Übriges und auch die beiden Labelkollegen Käptn Peng und Lemur gucken als Feature-Gäste auf dem Titeltrack vorbei.

Bei aller Abstraktion und Tiefe durchströmt „Identitetris“ erstaunlicherweise zu jedem Zeitpunkt eine ungezwungene Leichtigkeit. Ganz nach dem vielbeschworenen Motto „alles kann, nichts muss“. Freestyle-Feeling eben, fast so als ob der Kennenlern-Jam von 2013 gerade erst zu Ende ist und man sich glücklich und nachschwitzend ins morgendliche Fusion-Zelt fallen lässt.